Lösung für ein Lenkgestänge mit Radius von unendlich bis 0 (bei einem Radfahrzeug)
Hallo,
ich werde mir wieder einmal ein Landfahrzeug als Technikträger bauen.
Zur Zeit bin ich dabei, die Lenkung zu entwickeln.
Da geht es um die Achsschenkel, Hebel, Stangen und Gelenke. Andere Themen werden dann behandelt, wenn Geometrie und Kinematik gelöst sind.
Die Anforderungen sind:
4 Räder, 2 davon gelenkt.
Kurvenradius von geradeaus (unendlich) bis zum Drehen auf dem Innenrad der nicht gelenkten Achse (Radius 0).
Die Ackermann Bedingung soll mechanisch erreicht werden, das heisst Betätigung nur mit einem Servo.
Gesucht sind jetzt:
Die mechanische Struktur: Aus welchen Teile ist eine Lenkug mit der vorliegenden Aufgabenstellung auf zu bauen?
Ein oder mehrere Dimensionierungverfahren. Wobei ich hoffe, dass ich eines davon mathematisch bewältigen kann.
Meine Voraussetzung ist, dass ich KEINE Ingenieursausbildung auf Universitäts Niveau besitze, mir aber durchaus einiges erarbeiten kann. Beruflich arbeite ich im Bereich Elektronik und habe durchaus immer wieder einiges mechanisch zu lösen und verfüge über umfangreiche und auch professionelle handwerkliche Erfahrung. CAD und programmieren sind kein Problem. Zur Lenkproblematik habe ich viel und lange recherchiert und einige Lehrbücher und Skripten gefunden. Da kann mir aber auch wesentliches entgangen sein.
Ich hoffe, dass hier Leute mit einschlägiger Erfahrung oder fundiertem Wissen sind und bitte um Vorschläge.
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Zitat:
Zitat von
vohopri
Kurvenradius von geradeaus (unendlich) bis zum Drehen auf dem Innenrad der nicht gelenkten Achse (Radius 0).
Das wird schwer. Die Lenkräder müssen dann ja bis zu 90° einschlagen können. Nur mit einem eher kurzen, aber breiten Fahrwerk kannst du dann noch genug Vortrieb erzeugen, fürchte ich, da das kurveninnere Rad wirklich stehen muss.
Zudem ist es mechanisch nicht ganz einfach, da du die Räder wohl "von oben" anlenken müsstest, sonst stört das Lenkgestänge oder kann blockieren.
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Zitat:
Seilscheibe, beziehungsweise Zahnriemen ziehe ich durchaus in Betracht, habe aber keinen Lösungsweg zur Berechnung gefunden. Hast du da einen konkreten Vorschlag?
Eine numerische Berechnung von solchen Seiltrieben ist gar nicht so einfach. Ein CAD-Programm kann das natürlich (ich habe aber keines). Ich stelle mal eine geometrische Konstruktion vor, die wenigstens für die 3 wichtigsten Stellungen (L = maximal Links, G = geradeaus, R = maximal Rechts) eine nach Ackermann korrekte Lenkstellung gibt (siehe Skizze).
Anhang 28538
Die Skizze zeigt eine Draufsicht auf das rechte Rad. Man geht vom Drehpunkt ML der Lenkachse aus. Um diese, zur Zeichenebene senkrechte Achse schwenkt das Rad. Für die drei Stellungen L, G, R habe ich die Radscheibe als Linie angedeutet. Auf einem Radius um ML habe ich für jede der drei Stellungen einen kleinen Kreis gezeichnet. Anstelle dieses Kreises darf man sich für die spätere Ausführung schon einen runden Zapfen vorstellen, der durch einen Schlitz in der Seilscheibe geführt wird.
Um den Mittelpunkt der Seilscheibe zu finden muss man sich nur klar machen, dass sich die Seilscheibe von L und G um den gleichen Winkel drehen soll wie von G nach R. Das ist die Bedingung, die erfüllt sein muss, damit es mit einer spiegelsymmetrischen Konstruktion am rechten Rad zusammenpasst. Der Einfachheit halber habe ich den Drehwinkel der Seilscheibe von L nach R 180 ° gewählt, G muss also bei 90° liegen. Andere Winkel können natürlich auch gewählt werden, es kommt nur auf die Gleichheit der Winkel an. Die einfache Konstruktion ist in der Skizze mit gestrichelten Linien ausgeführt und ergibt sofort den Drehpunkt MS der Seilscheibe. Die Kopplung zwischen Lenkkreis und Seilscheibe kann z.B. mit einem Zapfen in einem radialen Schlitz in der Seilscheibe erfolgen (auch hier hat man für die konstruktive Ausführung viele Möglichkeiten). Das Seil kann dann direkt, wie angedeutet, zum linken Rad geführt werden (das Servo muss natürlich auch noch irgendwo angekoppelt werden).
Weiterführende Arbeiten:
Jetzt wird man sich noch für die Geometrie von Zwischenstellungen interessieren. Hier werden sich mehr oder weniger große Abweichungen von Ackermann ergeben. In diesem Fall ist es möglicherweise hilfreich, wenn man die exakte Auslegung nicht für die Extremstellungen, sondern z.B. für 90% der Extremstellung konstruiert.
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Hallo, guten Morgen,
nein, das ist keine akademische Fragestellung, sondern ein praxisorientiertes Projekt mit der Zielsetzung, dass eine universell einsetzbare mechanische Lösung erreicht wird. Der Grund liegt in den Vorgaben für das Projekt und steht jetzt nicht zur Diskussion.
Aktuell ist erst einmal
* eine Struktur der mechanischen Lenkung zu finden,
* eine geometrischer oder (hoffentlich nicht allzu) mathematischer Lösungsweg zum Erreichen der Ackermann Bedingung,
* ein Weg zur Optimierung der Dimensionen für die Teile.
Zur Struktur habe ich schon einiges erarbeitet:
# Die Trapezlenkung scheidet aus, da sie nur für geringe Einschlagwinkel dimensionierbar ist.
# Zahnstangen Lenkung (Stand der Technik) ist mir auch nur für geringe Einschlagwinkel gelungen, zu dimensionieren. Da könnte aber vielleicht mehr drin sein, aber mir fehlt Info dazu.
# Lenkung mit 2 parallelen Führungshebeln lässt sich experimentell dimensionieren. Gutes Einhalten der A. Bedingung kann erreicht werden. Habe aber noch keine Möglichkeit gefunden, sie zu optimieren. Die erreichten Gestängewinkel könnten problematisch werden.
# Lenkung mit einem V förmigen doppel Führungshebel verspricht günstigere Gestänge Winkel. Ich kann sie aber geometrisch nicht lösen. Da arbeite ich gerade dran. Könnte aber Hilfe gut gebrauchen.
Im Anhang gebe ich mal eine Zeichnung der V Hebel Lenkung mit.
Anhang 28539
- - - Aktualisiert - - -
Hallo ranke,
danke für deine Antwort, wir haben überschneidend gepostet. Ich werd mir das genau ansehen und später darauf antworten. Im Moment bin ich gerade zum sonntäglichen Fitnesstraining aufgerufen worden.
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@ranke: Für so eine Seilscheiben Lenkung habe ich mir etwas komplizierteres vorgestellt, als einen kreisrunden Excenter, aber vielleich hast du recht, und ich habe da nur zu kompliziert gedacht. Das werde ich mir noch näher ansehen müssen. Jetzt bin ich grad bei der V Hebel Lenkung verieft drinnen. Der Hinweis auf eine Optimierung bei 90% oder so ähnlich ist sicher richtig und gut. So kann man die Restfehler verringern, indem man sie auf einen breiteren Bereich verteilt und den Fehler einmal positiv und im anderen Teilbereich negativ werden lässt.
@ Vhebel Lenkung
Der Inhalt der A. Bedingung ist bekanntlich trivial:
cot(Aussenwinkel) = cot(Innenwinkel) + Achsschenkelgelenkabstand/Radstand
und von da her gar kein Thema mehr.
Entsprechend sind in der Skizze die Spurhebel für geradeaus und für Volleinschlag schon korrekt eingezeichnet. Die Frage ist: wie kann jetzt ein V Hebel ermittelt werden, der wenigstens zu diesen beiden Spurhebelstellungen passt. Die Skizze kann zwar grob darstellen, was gemeint ist, eine exakte Lösung enthält sie noch nicht.
Anhang 28540
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Wie gesagt, ist die A. Bedingung allgemein bekannt. Damit kennt man schon die korrekte Radstellung und die Position der Spurgelenke. Und jetzt geht es darum, ein Gestänge zu finden, das die A. Bedingung auch herbeiführt.
Zwei Aufgabenstellungen gibt es da.
Ein Gestänge ermitteln, das die Anforderung für 2 Positionen, z. B. geradeaus und Volleinschlag erfüllt, und
ein Gestänge ermittlen, das die Anforderung über den ganzen Bereich ausreichend gut erfüllt.
Die Lösung für zwei Positionen sehe ich zwar geometrisch nicht, algebraisch scheint das lösbar zu sein. Allerdings wird das recht aufwändig. Vielleicht gibt es eine elegante Lösung, aber die kenne ich wiederum nicht.
Eine Lösung für den ganzen Bereich ist mir vollständig unbekannt.
Aber vielleicht gibt es hier entsprechend Lenkungstechnisch oder geometrisch Kundige, die zu diesen offenen Fragen etwas beantworten können.
Anhang 28541
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Anbei eine Kettenlösung wie sie in Gabelstaplern verwendet wird.Anhang 28543
Beziehungsweise automatischen Flurförderfahrzeugen.
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Ein wenig geht immer weiter:
Anhang 28551
Zwei Kreise lassen sich mal mit der selbst geschriebenen Software schneiden und die Schnittpunkte berechnen. Letzteres ist ja ein wenig Aufwändig.
Mal sehen, wie sich das weiter entwickeln lässt. Leider bin ich nicht der einzige, für den die weiter oben beschriebene kinematische Aufgabe etwas zu hoch ist.
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Na gut,
jetzt hab ich noch die geometrischen Zusammenhänge zusammen gefasst und mir einen Gestänge Simulator geschrieben. Dort lassen sich durch variieren der Parameter rasch Lösungen finden, wo zumindest die Extremlagen Geradeausfahrt und Volleinschlag stimmen. Keine Ahnung wie der Fehlerverlauf dazwischen aussieht.
Anhang 28559
Wo sind eigentlich die Roboterfachleute, die Kinematiken berechnen und lösen können? Zeitgemässe Roboter sind doch auch nicht mehr ausschliesslich serielle Mechaniken. Ein paar Links, Literaturverweise und inhaltliche Hinweise würden schon helfen.
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Nachdem weder eine exakte noch eine mathematisch optimierte Lösung in Aussicht sind, muss ich mit dem Experimentieren mithilfe einer Simulation vorlieb nehmen.
Anhang 28563
Der Simulator ist aber komfortabel und schnell geworden.
Die gezeigte Lösung ist sehr gut brauchbar und wurde rasch gefunden. Die Ackermann Bedingung wird besser eingehalten, als erwartet und auch besser, als nötig ist.
Da die Paramter leicht zu variieren sind, ist noch weitere Optimierungsspielraum drin. Viele Anwendungsfälle sind möglich.
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Nachdem die Kinematik der Lenkung so schön funktioniert, wird natürlich die Kinematik des Fahrzeug interessant. Vor allem für die Bahnplanung zwischen Hindernissen ist wichtig, zu wissen, wie das Fahrzeug einer vorgegebenen Bahnkurve folgen wird. Wenn sich die gelenkten Räder auf einer Basiskurve bewegen, dann folgt der Rest des Fahrzeugs auf der entsprechenden Traktrix.
Zum Glück ist das einfach berechenbar:
Anhang 28651