Hallo Helmut!
Ich will dein Tutorial nicht schlecht reden, aber ich denke du versuchst zu viel auf einmal zu erklären. Von den absoluten Basics (was ist ein Schrittmotor und wie funktioniert er grundsätzlich) bis zu speziellen Themen wie Wicklungsauslegung und Leistungsbetrachtung alles in einem Beitrag unterbringen zu wollen, stiftet am Ende mehr Verwirrung als es nützt. Ich merke das selbst bei meinen Blogbeiträgen [1], dass es sehr schwer ist, den Beitrag nicht zu lang werden zu lassen, obwohl ich mich dabei immer nur mit einem Teilabspekt des Schrittmotors beschäftige. Es hat schon seinen Grund, das andere Leute ganze Bücher zum Thema Schrittmotoren geschrieben haben.
Inhaltlich sind in deiner Darstellung dadurch einige Punkte zu ungenau bzw. oberflächlich dargestellt:
Hier betrachtest du zum einen nur die elektrischen Verluste in der Wicklung, und nicht die mechanisch an der Welle abgegebene Leistung. Zum anderen stimmt die Rechnung natürlich nicht, weil dank der PWM des Stromreglers im zeitlichen Mittel eben keine 40V an der Wicklung anliegen. P=I²*R wäre hier die bessere Näherung, bleibt aber auch eine Näherung, weil ein quasistatisches Verhalten unterstellt wird (Vernachlässigung der Rotordrehung und der Schaltvorgänge). Nicht vergessen werden darf, dass sich durch die Änderung der Wicklung auch der Widerstand ändert.Bei 40 VDC:
Motor 1: P = U * I = 40 VDC * 2 A = 80 W
Motor 2: P = U * I = 40 VDC * 10 A = 400 W
Motor 2 kann also jetzt die 5-fache Leistung liefern, also das 5-fache Drehmoment vom Motor 1, aber mehr als die 33-fache Leistung als nach der Typenschildangabe. Da dieses verfahren allgemein bekannt ist, geben Schrittmotorhersteller auch schon gelegentlich einen Betrag für die höchste zulässige Spannung an, da natürlich auch hier Betriebsgrenzen des Motors erreicht werden können!
Darüber hinaus ist auch die Drehmomentkonstante der beiden Motoren unterschiedlich, so dass eben nicht das 5-fache Moment erzeugt wird. Man muss sich nur mal die Kennlinien von Motoren aus einer Serie mit gleicher Größe mit unterschiedlichen Wicklungen ansehen[2]. Das Haltemoment variiert kaum, lediglich im oberen Drehzahlbereich gibt es Unterschiede.
Das stimmt so nicht. So lange man den für die Parallelschaltung erforderlichen, höheren Strom bereit stellt, sind im unteren Drehzahlbereich beide Beschaltungen gleichwertig. Im mittleren bis oberen Drehzahlbereich hat die Parallelschaltung klar die besseren Eigenschaften. Anders sieht es beim Vergleich zwischen unipolarem (6 Litzen) und bipolarem Betrieb (4 Litzen) aus. Da gibt es tatsächlich Unterschiede beim erreichbaren Drehmoment.Bei Schrittmotoren mit 8 Kabeln z. B., der im Video gezeigte Schrittmotor ist ein solcher, kann man die Spulen parallel oder in reihe schalten, so dass man so auf die 4 Anschlüsse für den Motor einer Schrittmotorsteuerung kommt. Ich habe mich wegen des stabileren Verhaltens im Betrieb für das Parallelschalten entschieden, bei Reihenschaltung kann ein größeres Drehmoment erzielt werden.
Hier überlagern sich eigentlich zwei Effekte:Dieser Graph zeigt das Drehmoment für einen in der Graphik angegebenen Schrittmotor bei einer festen Versorgungsspannung. Grund für dieses Verhalten sind die induzierten Spannungen in den Spulen. Erinnern wir uns an den Physikunterricht in der Schule. Eine induzierte Spannung entsteht in einer Spule, wenn der Betrag der angelegten Spannung sich verändert. Diese induzierte Spannung hat eine Polarität, welche der angelegten Spannung entgegengesetzt ist und wird umso größer im Betrag, je schneller eine Spannungsänderung an der Spule erfolgt. Erhöhe ich also die Schrittfrequenz, siehe Graph, erhöht sich der Betrag der induzierten invertierten Spannung, wodurch aus der Summe der beiden Spannungen eine immer kleinere resultierende Spannung ergibt.
Zum einen steht die Induktivität der Spule dem Stromanstieg bei den immer schneller werdenden Umpolvorgägen entgegen. Das ist erstmal unabhängig von der Rotordrehzahl und z.B. auch der Grund dafür, warum Motoren mit 0,9° Vollschrittwinkel bei gleicher Wicklungsauslegung langsamer sind als Motoren mit 1,8° Vollschrittwinkel.
Zum anderen gibt es beim Schrittmotor wie bei jedem anderen Motor auch eine induzierte Gegenspannung (EMK), die abhängig von der Drehzahl ist und dafür sorgt, dass die effektiv wirksame Spannung über der Wicklung mit steigender Drehzahl immer kleiner wird.
Beide Effekte zusammen führen dazu, dass man trotz der logaritmischen Darstellung der Kennlinie einen deutlichen "Knick" in der Kurve erkennen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann
[1] http://www.schrittmotor-blog.de/
[2] http://www.ostermann-net.de/electron..._kennlinie.htm
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