Hallo,

sehr, sehr interessantes Projekt! Ich habe deshalb versucht mit Drehmoment, Trägheitsmoment, Drehimpuls etc. einige theoretische Überlegungen anzustellen. Vielleicht helfen sie weiter.

Einige wichtige Formeln:
M = r x F Drehmoment = Kraftarm * Kraft

L = r * p Drehimpuls = Dreharmlänge * Impuls

L = J * w: Drehimpuls = Trägheitsmoment * Winkelgeschwindigkeit
Trägheitsmoment für Ring : J = M * R^2 Trägheitsmoment = Masse eines Reifens * Radius.
Trägheitsmoment für Scheibe J = 1/2 * M * R^2

M = J * dw/dt + wkr x L. Diese Formel beinhaltet zwei besondere Fälle
1. M = J * dw/dt Drehmoment = Trägheitsmoment * Änderung der Winkelgeschwindigkeit. Einfach. Dies gibt wieder, wie schnell ein Rad durch ein Drehmoment beschleunigt wird.
2. M = wkr x L. Drehmoment = Winkelgeschwindigkeit X Drehimpuls. Diese Formel beschreibt den "Kreiseleffekt", M wkr und Drehmoment sind Vektoren und stehen jeweils senkrecht aufeinander. Formel beschreibt wie ein rotierendes Rad mit Drehimpuls L gekippt wird, wenn man versucht es an der Drehachse mit dem Drehmoment M auszulenken. wkr ist die resultierende Winkelgeschwindigkeit

F = M * v ^2 / R = M * W ^2 * R Fliehkraft = Masse * Geschwindigkeit ^2 / Bahnradius.


Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit ein Rad gleichförmig eine Kurve fahren kann ?
Bezeichnet Mg die Gesamtmasse des Rads, Hs die Höhe des Schwerpunktes über dem Boden und alpha des Winkel um den das Rad aus der Vertikalen gekippt ist, so wirkt über den Hebelarm Hs * sin (alpha) das Gewicht nach unten und erzeugt ein Drehmoment M von:
M=Mg * g * Hs * sin (alpha).

Das Trägheitsmoment des Reifens berechnet sich zu
J = Mrad * r^2 . Mrad = Masse des Reifens. r = Radius des Reifens.

Der Drehimpuls des Reifens beträgt
L = J * wrad = Mrad * r^2 * wrad . wrad Winkelgeschwindigkeit des Reifens

Dies führt nach dem Kreiseleffekt zu einer Drehung des Rades mit der Winkelgeschwindigkeit wkr.
M = wkr x L.
>>> wkr = Mg * g *Hs*sin ( alpha)/Mrad/ r^2/wrad (1)

R = Kurvenradius. V = Geschwindigkeit des Rads
wkr= V/R
wrad=V/r
>>> wkr = Mg * g *Hs*sin ( alpha)/Mrad/ r/V

Für Gleichgewicht muss die Resultierende aus Fliehkraft und Erdbeschleunigung mit der Schräglage übereinstimmen
Also: tan ( alpha) = Fliehkraft/ Mg/g

Fliehkraft = Mg * V ^2 / R

tan ( alpha)= V^2/R/g = wkr^2*R/g (2)

für kleine alpha gilt sin (alpha) = tan ( alpha): Also (2) in (1) einsetzen:

wkr = Mg * g *Hs*sin ( alpha)/Mrad/ r^2/wrad = Mg * Hs * wkr^2 * R / Mrad / r^2/wrad (3)

1=Mg * Hs * wkr * R / Mrad / r^2/wrad = Mg * Hs * V / Mrad / r/V = Mg * Hs / Mrad / r

r = Hs * Mg/ Mrad . Hs = r * Mrad / Mg (4)

Befindet sich der Schwerpunkt des Innenteils mit Masse Mi in Höhe Hi ergibt sich der gesamte Schwerpunkt Hs

zu Hs * Mg = Mi * Hi + Mrad * r
mit (4) Hs* Mg = Mi * Hi + Hs * Mg >>>> Hi = 0

>>>> gleichmäßige Kurvenfahrt wäre nur möglich wenn der Schwerpunkt des Innenteils sich am Boden befinden würde, was aber nicht der Fall ist !!!

[(4) in (3) >>>> wkr = g * sin ( alpha) / r / wrad: sin ( alpha) =wkr * wrad * r / g = wkr * V / g]

Die Konsequenz wäre, dass ein Monowheel keine vernünftige Kurve fahren kann. Versucht man ein Monowheel in die Kurve zu legen. Führt der Impule des Innenteils (bzw. dessen Fliehkraft) dazu, dass ein Kippmoment nach vorne zum Überschlagen des Rads führt. Dies kann man auch auf dem Video des Monowheelbikers gut sehen. Es fährt nur gerade aus. Als der Biker versucht das Monowheel in die Kurve nach rechts zu drehen, führen der Impuls seiner Masse und des Motors zu einem Überschlagen nach vorne.


Könnte man diesen Effekt durch die Pendel ausgleichen ?

Ein Pendel oberhalb des Schwerpunktes des Gesamtsystems führt, wenn es z.B. nach rechts verschoben wird durch seinen Impuls im Endeffekt zu einer Schwerpunktverlagerung nach links. D.h. Pendel nach rechts > Rad kippt nach links. Gesamtschwerpunkt kippt weniger nach links als das Rad. D.h. geringeres Kippmoment. Geringeres Eindrehen des Rades. Rad fährt mit größere Kurvenradius. Weniger Fliehkraft. Der Winkel des Gesamtschwerpunktes zum Boden ist aber ebenfalls geringer. D.h. Diese Effekte gleichen sich wohl aus und es ändert sich leider nichts an der Gesamtsituation, dass zumindest eine gleichmäßige Kurvenfahrt wohl nicht möglich ist.

Sitzt übrigens das Pendel in Höhe des Schwerpunktes, führt eine Verlagerung des Pendels dazu, dass der Gesamtschwerpunkt des Systems sich nicht verschiebt. D.h. in diesem Fall fährt das Rad in Schieflage, aber geradeaus.

Sitzt das Pendel unterhalb des Gesamtschwerpunktes führt eine Verlagerung des Pendels z.B. nach rechts dazu, dass sich der Gesamtschwerpunkt nach rechts verschiebt und das Rad eine Kurve nach rechts dreht.


Können 2 Pendel helfen ?

Werden beide Pendel gleichsinnig ausgeschlagen ergibt sich wohl der gleiche Effekt wie bei einem in der Mitte sitzenden einzelnen Pendel. Ergo. Wird´s wohl nicht bringen.

Werden beide Pendel entgegengesetzt ausgeschlagen, dreht sich das Rad nur nach rechts oder links, kippt aber nicht. Dies ist eher noch ungünstiger.



Ist eine Schwungscheibe besser als ein Pendel ?
Wohl nicht. Ein zusätzliches Problem ergibt sich nämlich dadurch, dass bei Kurvenfahrt die Verdrehung des Schwungrades um die Hochachse, dazu führt, dass das Innenteil nach vorne oder hinten schaukelt. Zusätzliche Problematik.

Ich hoffe niemanden den Spass am Monowheel genommen zu haben. Vielleicht klappt´s ja doch. Insbesondere habe ich ja nur den Fall mit geringer Schräglage betrachtet (kleines alpha). Vielleicht kann ein guter Regelmechanismus auch einiges ausgleichen.

Meine Prognose ist allerdings, dass eine Kurvenfahrt nicht möglich ist, weil das Monowheel, wenn es in die Kurve geht nach vorne überkippt. Mal seh´n, ob Theorie und Praxis übereinstimmen.



Viele Grüsse

Christian H