Hi all,

als PLS - Programmierer ist die Regleroptimierung während der Inbetriebnahme von Anlagenteilen mein täglich Brot. Für die einzelnen Streckenarten (Durchfluss-, Temperatur-, Stand-, pH-Wert etc.) gibt es Erfahrungswerte, die ich mal in einer Tabelle zusammengefasst hatte. Leider kann ich diese Tabelle nicht mehr finden. Diese Grundparameter konnten bei unbekannten Strecken als Startparameter eingestellt werden und haben auch meistens gute Dienste geleistet.

Das Feintuning erfolgt dann im Try and Error Prinzip. Es gehört dazu etwas Fingerspitzengefühl, damit die Regelung nicht komplett ins Schwingen gerät. Es macht nämlich keinen großen Unterschied, ob der Regler zu langsam oder zu schnell ist, der Regelkreis kommt bei falschen Parametern ins schwingen.

Einstellverfahren nach Ziegler Nichols o.ä. versucht man nur einmal, da man danach einen Kopf kürzer ist. Der Betriebsleiter mag es gar nicht, wenn eine Regelung und damit die Produktion in Schwingen kommt.

Selbstoptimierende Regler und Fuzzyregler waren bei uns auch mal im Einsatz. Das Problem bei den Selbstoptimierern ist, das sie sich im Beharrungszustand bis zur kritischen Kreisfrequenz selbst optimieren.Wenn es dann zu einem Störereignis (sprunghafte Änderung der Regeldifferenz) kommt kann es sein, das der Regelkreis schwingt -> das ist nicht schön. Da in der Produktion Kontiprozesse erwünscht sind, würden die Regler ständig in den kritischen Zustand fahren, bzw. sich selbst Optimieren. Selbstoptimierende Regler könnten sich meiner Meinung nach in einer sehr dynamischen Umgebung mit sich ständig wechselnden Umgebungsbedingungen bewähren. Die haben wir in unseren Anlagen jedoch nicht.

Fuzzyregler haben sich z.B. schon in der Tokyoter(?) U-Bahn bewährt. Die Regelergebnisse der Geschwindigkeiten und Positionierungsgenauigkeiten in den Bahnhöfen soll sich durch die Fuzzylogik immens verbessert haben. In der chemischen Industrie haben sie jedoch keine Bedeutung. Die Anzahl der Parameter ist einfach zu groß. Es dauert zu lange, bis der Regler eingestellt ist.

Über 90% aller Regler sind bei uns PI-Regler. Mit diesem Reglertyp kann fast alles ausgeregelt werden. Der D-Anteil eines PID-Reglers ist meist eine Art Verzweiflungsakt um exotherme Reaktionen in der Startphase unter Kontrolle zu halten.

Es gibt für eine bestimmte Strecke nicht die optimalen Parameter. Vor einem Jahr hatte ich mal die Möglichkeit mit einer Durchflussstrecke zu experimentieren. Nach dem Umbau wurden die alten Parameter einfach in den neuen Regler geschrieben (KP = 0.7, Tn = 3min.). Nachdem der Regler nicht so optimal lief haben wir optimert und hatten mit einem Kp von 0.5 und einer Tn von 5 min ein ähnliches Ergebnis wie mit einem reinen I-Regler mit einer Tn von ca. 5sec. Das hat uns alle ein wenig überrascht.

Grüße Klaus